Mietspiegelverordnung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht – Neue Vorschriften zur Erstellung von Mietspiegeln treten am 01.07.2022 in Kraft

Nachdem zuletzt auch der Bundesrat im September dem Entwurf einer Mietspiegelverordnung der Bundesregierung zugestimmt hatte, wurde diese am 02.11.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Verordnung wird gemeinsam mit dem ebenfalls in diesem Jahr beschlossenen Mietspiegelreformgesetz am 01.07.2022 in Kraft treten. Beide Regelwerke sind damit bereits bei der Erstellung des Berliner Mietspiegels 2023 zu berücksichtigen.

Mit den beiden neuen Gesetzen sollen einheitliche Regeln zur Erstellung von Mietspiegeln geschaffen werden. Neben der grundsätzlichen Pflicht zur Erstellung von Mietspiegeln greifen demnach künftig auch Vorgaben zu Verfahren, Methodik und Dokumentation der Mietspiegelerstellung.

Pflicht zur Erstellung von Mietspiegeln durch Mietspiegelreformgesetz

Das bereits Mitte August im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Mietspiegelreformgesetz bestimmt dabei zunächst, dass Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern bis spätestens 01.01.2023 einen einfachen Mietspiegel oder mit einer um ein Jahr verlängerten Frist einen qualifizierten Mietspiegel bis zum 01.01.2024 erstellen und veröffentlichen müssen. Sprecher der SPD-Fraktion hatten im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens vorgebracht, dass mindestens 80 der 200 größten Städte Deutschlands derzeit über keinen gültigen Mietspiegel verfügen.

Weiterhin sieht das Mietspiegelreformgesetz vor, dass sowohl Vermieter als auch Mieter zur Unterstützung der erforderlichen Datenerhebung künftig einer Auskunftspflicht unterliegen. Zuwiderhandlungen stellen eine Ordnungswidrigkeit dar und können mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro belegt werden. Auskünfte müssen erteilt werden über

  • Beginn des Mietverhältnisses
  • Zeitpunkt und Art der letzten Mieterhöhung
  • Festlegungen der Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage
  • Art der Miete und Miethöhe
  • Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage des vermieteten Wohnraums
  • energetische Ausstattung und Beschaffenheit
  • Verwandtschaftsverhältnisse oder sonstige besondere Umstände, die zu einer Ermäßigung der Miethöhe geführt haben

Ursprünglich sollte mit der Reform des Mietspiegelrechts auch die Frist zur Überarbeitung von Mietspiegeln verlängert werden. Die ersten Entwürfe der Gesetzesreform sahen vor, dass Mietspiegel künftig im Abstand von jeweils drei Jahren aktualisiert werden müssen, anstelle von bisher zwei Jahren. Diese Fristverlängerung wurde im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens verworfen. In seiner Stellungnahme hatte der BFW gerügt, Mietspiegel seien als Instrumente zur Abbildung der tatsächlichen Marktverhältnisse gedacht. Eine Verlängerung der Aktualisierungsfrist würde aber zur Verwendung veralteter und wenig aussagekräftiger Daten führen, die gerade in dynamischen Märkten die Mietsituation nicht mehr sachgerecht darstellen könnten.

Auch wird es Vermietern weiterhin möglich sein, trotz der Existenz eines qualifizierten Mietspiegels, ein Mieterhöhungsverlangen mit drei Vergleichswohnungen zu begründen. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen stand diese Regelung kurzfristig auf der Kippe.

Mietspiegelverordnung: Inhaltliche Vorgaben für qualifizierte Mietspiegel

Die nun im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Mietspiegelverordnung stellt zusätzlich konkrete Vorgaben für den Inhalt und das Verfahren zur Erstellung oder Fortschreibung von Mietspiegeln auf. Insbesondere für die Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln nimmt die Verordnung Konkretisierungen vor. Der Gesetz- und Verordnungsgeber möchte damit Verbreitung und Qualität von qualifizierten Mietspiegeln erhöhen und die Akzeptanz bei Vermietern, Mietern und Gemeinden stärken. Letzteres vor allem dadurch, dass die bislang im Bundesrecht hinter dem Begriff „anerkannte wissenschaftliche Grundsätze“ verborgenen Methoden zur Erstellung von Mietspiegeln definiert und festgeschrieben werden.

So bestimmt die Mietspiegelverordnung beispielsweise die Methodik der Datenerhebung oder den Umfang einer repräsentativen Stichprobe. Zudem ordnet sie an, dass nach der Vornahme einer Ausreißerbereinigung nochmals pauschal 1/6 bis 1/8 der oberen und unteren Mieten gekappt werden, bevor eine Spanne um den Mittelwert eines Tabellenfeldes gebildet wird. Im Einzelfall kann dies dazu führen, dass bei Mieten in diesem Bereich nicht mehr konkret überprüft wird, ob es sich um Wucher bzw. Gefälligkeitsmieten handelt, oder ob sie nicht Teil der jeweiligen Marktdynamik sind und Beachtung finden müssen.

Halten sich die Mietspiegelersteller an die Vorgaben der Verordnung, so wird vermutet, dass der Mietspiegel anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen entspricht. Durch die Ermächtigung zum Erlass von derartigen Mietspiegelverordnungen vorbei am Bundestag, wird die Bundesregierung also in die Lage versetzt, zu bestimmen, was als anerkannte Wissenschaft gilt. Fragwürdig. Denn im Falle von Rechtstreitigkeiten sollte die Interpretation dieser Frage eigentlich den Gerichten überlassen bleiben.

Qualifizierte Mietspiegel: künftig ein politischer Spielball?

Die Mietspiegelverordnung gibt damit einerseits einen Leitfaden für kleinere Gemeinden, die bislang wenig Erfahrung mit der Erstellung von Mietspiegeln nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen haben. Auch macht sie den Entstehungsprozess für alle Anwender nachvollziehbarer. Andererseits werden die Mietspiegelersteller aber in ein Korsett gezwängt, das nur wenig Luft für die Berücksichtigung lokaler Besonderheiten lässt. Man wird versucht sein, die von der Verordnung aufgestellten Vorgaben zu erfüllen – und gut ist. Mit jeder Abweichung oder Weiterentwicklung läuft die Gemeinde schließlich Gefahr, dass der jeweilige qualifizierte Mietspiegel angegriffen und gekippt wird.

Ob qualifizierte Mietspiegel damit in jedem Fall weiterhin als objektiver Spiegel der tatsächlichen lokalen Marktverhältnisse gelten können, ist fraglich. Mit Inkrafttreten der Mietspiegelverordnung der Bundesregierung besteht ein Regelwerk, an das sich die jeweilige nach Landesrecht zuständige Behörde bei der Mietspiegelerstellung halten wird. Weiterentwicklungen und gegebenenfalls Verbesserungen sind erst wieder rechtssicher möglich, wenn die Bundesregierung eine überarbeitete und aktualisierte Mietspiegelverordnung erlässt. Damit laufen Mietspiegel aber Gefahr, zunehmend zu einem weiteren politisch motivierten, mietpreisrechtlichen Regulierungsinstrument auf dem Wohnungsmarkt zu werden, anstatt ein objektives und damit befriedendes Abbild der temporären Marktsituation zu sein.