BGH-Urteil: Beschluss über Jahresabrechnung trotz WEG-Reform nicht automatisch nichtig
Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) bringt Klarheit für Wohnungseigentümer und Verwalter: Ein Beschluss der Wohnungseigentümer über die Genehmigung der Jahresabrechnung ist nicht automatisch wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig, auch wenn er die Abrechnung als Ganzes betrifft. Dies gilt auch nach der WEG-Reform von 2020, die die Beschlussfassung auf die sogenannten Abrechnungsspitzen beschränkt.
Hintergrund: Anfechtungsklage gegen Beschluss über Jahresabrechnung
Im vorliegenden Fall hatte ein Wohnungseigentümer eine Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Jahresabrechnung für das Jahr 2020 erhoben. In einer Eigentümerversammlung im Juli 2021 hatten die Wohnungseigentümer beschlossen, die Gesamtabrechnung sowie die daraus resultierenden Einzelabrechnungen zu genehmigen, wobei die Abrechnungsspitzen zum 1. September 2021 fällig werden sollten.
Der Kläger argumentierte, dass der Beschluss wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig sei, da die WEG-Reform die Genehmigung der Jahresabrechnung als Ganzes nicht mehr vorsehe.
BGH-Urteil: Auslegung zugunsten der Eigentümer
Der BGH wies die Anfechtungsklage ab und stellte klar, dass ein solcher Beschluss nicht automatisch nichtig ist. Auch wenn die WEG-Reform seit dem 1. Dezember 2020 vorschreibt, dass Wohnungseigentümer nur noch über die Zahlungspflichten zum Ausgleich von Unter- oder Überdeckungen beschließen, kann ein Beschluss über die Genehmigung der gesamten Jahresabrechnung so ausgelegt werden, dass er sich lediglich auf die Festlegung der Abrechnungsspitzen bezieht.
Dies steht im Einklang mit einem früheren Urteil des BGH, das besagt, dass ein Beschluss über die Genehmigung eines Wirtschaftsplans nicht wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig ist, obwohl die Beschlussfassung nach der WEG-Reform nur noch die Höhe der Vorschüsse betrifft. Diese Rechtsprechung ist auch auf Beschlüsse über Jahresabrechnungen anwendbar.
Fazit: Klare Regeln und sinnvolle Auslegung notwendig
Das neue BGH-Urteil bietet eine gewisse Rechtssicherheit für WEG-Verwalter und Wohnungseigentümer. Es zeigt, dass der BGH eine praxisorientierte Auslegung von Beschlüssen bevorzugt, die verhindert, dass formale Fehler zu unnötigen rechtlichen Auseinandersetzungen führen.
Gleichzeitig zeigt der Umstand, dass sich der BGH mit derlei Rechtsfragen befasst, dass auch nach der WEG-Reform in der Praxis vielfach noch unklar ist, was genau Gegenstand der Beschlussfassung sein darf. Das kann zu Unsicherheiten und erhöhtem Verwaltungsaufwand führen. Für Verwalter bedeutet dies, dass sie weiterhin sorgfältig darauf achten müssen, wie Beschlüsse formuliert und in Versammlungen kommuniziert werden, um Anfechtungen vorzubeugen.
Insgesamt sollte der Gesetzgeber in Zukunft darauf achten, klare Vorgaben zu machen, um die Auslegungsspielräume zu minimieren und die Rechtslage eindeutiger zu gestalten. Die zusätzliche administrative Belastung und das Risiko rechtlicher Streitigkeiten sind Aspekte, die gerade kleinere Verwaltungen vor große Herausforderungen stellen können.