Milieuschutz neu denken – BFW Berlin/Brandenburg fordert Anpassung der Genehmigungspraxis nach VG-Urteil

Berlin, 10.04.2025 - Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit zwei Urteilen vom 2. April 2025 wichtige Leitlinien für die Genehmigungspraxis in Milieuschutzgebieten formuliert: wandhängende WCs, Handtuchheizkörper in Standardausführung sowie Balkone mit einer Größe von vier Quadratmetern sind genehmigungsfähig – auch in sozialen Erhaltungsgebieten. Sie gelten laut Gericht als Ausdruck eines zeitgemäßen Ausstattungsstandards und führen nicht automatisch zu einer Verdrängung der angestammten Bewohnerschaft. Der BFW Landesverband Berlin/Brandenburg fordert vor diesem Hintergrund eine zeitnahe Überarbeitung der aktuellen Genehmigungskriterien, wie sie derzeit in den Berliner Bezirken Anwendung finden.

Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts haben das Thema Milieuschutz erneut in den Fokus gerückt und klargestellt: Auch in sozialen Erhaltungsgebieten ist eine behutsame Anhebung des Ausstattungsstandards erlaubt und gesetzlich vorgesehen. Modernisierungen dürfen demnach nicht pauschal als Aufwertung gebrandmarkt und verhindert werden – besonders dann nicht, wenn sie dem heute in Deutschland üblichen Wohnstandard entsprechen. Die Verweigerung entsprechender Genehmigungen ist aber gängige Praxis vieler Bezirksämter – gestützt durch restriktive Ausführungsvorschriften, die erst im November 2024 vom Land Berlin in Kraft gesetzt wurden.

Keine Investitionen ohne Genehmigung

„In der täglichen Praxis erleben Hausverwaltungen, Eigentümerinnen und Eigentümer, dass selbst grundlegende Maßnahmen wie der Einbau moderner Sanitäreinrichtungen oder der Anbau eines kleinen Balkons abgelehnt werden – mit Verweis auf den Milieuschutz. Das ist nicht nur rechtlich fragwürdig, wie die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zeigt, sondern auch kontraproduktiv, denn die restriktive Auslegung der Berliner Verwaltung gefährdet die Anpassung des Bestands an zeitgemäße Wohnstandards und erschwert vor allem Investitionen in klimagerechten und damit auch bezahlbaren Wohnraum“, sagt Susanne Klabe, Geschäftsführerin des BFW Landesverbands Berlin/Brandenburg.

Besonders kritisch ist die bisherige Genehmigungspraxis mit Blick auf die energetische Sanierung. Umfassende Maßnahmen zur Dämmung von Fassaden und Fenstern sowie zur Umstellung auf eine moderne Heiztechnik stoßen regelmäßig auf Widerstand. Das wirkt sich nicht nur negativ bei den Betriebskosten aus, sondern blockiert auch zentrale Klimaziele.

Regeln auf den Prüfstand stellen

Der BFW Landesverband sieht nun den dringenden Bedarf, die Ausführungsvorschriften zu überarbeiten und an die Rechtsprechung sowie an die Realität einer wachsenden und sich wandelnden Stadt anzupassen. „Wir appellieren an die Verantwortlichen im Senat und in den Bezirken, das Urteil als Chance zu begreifen und die Regelungen praxistauglich und rechtssicher weiterzuentwickeln“, so Klabe. „Berlin braucht einen modernen Milieuschutz, der Raum zur Bewältigung gesamtgesellschaftlich bedeutsamer Herausforderungen lässt – wie die Umsetzung der Energiewende und das Erreichen der Klimaziele – auch im Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner der rund 680.000 Wohnungen in sozialen Erhaltungsgebieten.“

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Eine Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ist möglich. Der BFW Landesverband wird den Fortgang aufmerksam begleiten.

 

Hintergrund:

Der BFW Landesverband Berlin/Brandenburg e. V. ist seit 70 Jahren der regionale Interessenverband der privaten und mittelständischen Immobilienwirtschaft. Die ca. 250 Mitgliedsunternehmen aus Bestandsverwaltung und Immobilienentwicklung zeichnen für rund die Hälfte aller Wohnungsneubauprojekte und die Verwaltung großer Wohnungsbestände in Berlin und Brandenburg verantwortlich. Sie sind damit Hauptantriebskraft für eine moderne und nachhaltige Stadtentwicklung. Der Verband tritt als gemeinsame Stimme gegenüber Politik und Gesellschaft auf, ist der Beratungs- und Expertenpool für Verbandsmitglieder und Treiber von Innovations- und Zukunftsthemen.