Planen, genehmigen, bauen, fördern – die Aufgabenliste der Bündnispartner:innen für den Wohnungsneubau ist lang

Das Bündnis ist eine politische Übereinkunft zu Wohnungsneubau, Mieten und Stadtentwicklung. Es ist ein Bekenntnis, das am 20.06.2022 nach mehr als viermonatigen Verhandlungen verabschiedet und unterzeichnet werden konnte. Gesteuert wurde der Prozess über die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, die Senatoren Klaus Lederer, Andreas Geisel, und Bettina Jarasch.

Das Land Berlin und die Bündnispartnerinnen und -partner bekennen sich zur wachsenden Stadt und zum Wohnungsneubau. Nach der Corona-bedingten Stagnation werden wieder steigende Bevölkerungszahlen erwartet, nicht zuletzt durch die Zuwanderung geflüchteter Menschen aus der Ukraine. Das gemeinsame Ziel ist es, stadtplanerisch gesteuert zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Der Wohnungsbedarf bis 2030 liegt bei 200.000 Wohnungen. Davon sollen 100.000 Einheiten in den nächsten fünf Jahren fertiggestellt werden.

Die aktuelle Situation und verschärften Herausforderungen für den Wohnungsneubau und den Wohnungsmarkt infolge des Krieges gegen die Ukraine, aber auch aufgrund von Inflation, Fachkräftemangel sowie Lieferengpässen werden ausdrücklich erkannt. Deshalb sollen die vereinbarten Ziele kontinuierlich evaluiert und fortgeschrieben werden. Der Senat bekennt sich bereits jetzt zu Anpassungen von Förderkonditionen, Wirtschaftshilfen, Sozialleistungen und Wohnkostenhilfen.

Wohnungsneubau und Stadtentwicklung

Die wichtigsten Punkte des Bündnispapiers im Überblick:

Neubau

Die Verbände wirken auf ihre Mitgliedsunternehmen ein und Vorhabenträger streben an, bis Ende 2026 mindestens 100.000 WE mit folgender Aufteilung fertigzustellen: Landeseigene Wohnungsunternehmen 35.000 neue Wohnungen und Fortsetzung der Ankaufspolitik; Private Wohnungsbauunternehmen (auch nicht in Verbänden organisierte oder am Bündnis beteiligte Unternehmen): 60.000 Wohnungen; Bemühen der Genossenschaften, bis zum Jahresende 2026 2.500 Wohneinheiten auf den Weg zu bringen, bzw. unter bestimmten näher definierten Voraussetzungen bis zu 5.000. Von den rechnerisch 20.000 p.a. fertigzustellenden Wohnungen sollen 5.000 gefördert sein.

Aktivierung von Wohnungsbau- und Flächenpotenzialen

Wohnungsbau- und Flächenpotenziale sollen aktiviert werden. Auch die Aktivierung und Transformation von gewerblichen Flächen zu Mischgebietsquartieren soll überprüft werden. Im Rahmen des bis Ende 2023 zu aktualisierenden Stadtentwicklungsplans Wohnen (StEP Wohnen) sollen zusätzliche Neubau- und Nachverdichtungspotenziale identifiziert werden. Das Land Berlin wird dafür sorgen, dass in allen Stadtbezirken Verdichtungspotenziale zügig mobilisiert werden – auch unter Anpassung bestehender B-Pläne, Ausschöpfung von Befreiungstatbeständen und in § 34-Gebieten. Bevorzugt werden sollen Modernisierung und Aufstockung im Bestand vor Neuversiegelung. Auch bei Verdichtung soll sozialer Wohnungsbau mitgedacht und angestrebt werden. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen wird dazu eine einheitliche Handlungsempfehlung für die Bezirke erarbeiten.

Liegenschaftspolitik

Die Vergabe landeseigener Grundstücke erfolgt ausschließlich im Wege des Erbbaurechts. Dabei sollen Konzeptvergaben zur Anwendung kommen. Als Ansprechpartnerin steht dazu die neu installierte Koordinierungsstelle Konzeptverfahren zur Verfügung. Bei der Grundstücksvergabe werden gemeinwohlorientierte Wohnungsbauvorhaben bevorzugt. Nur wenn sich in entsprechenden Interessenbekundungsverfahren kein sozialer bzw. gemeinwohlorientierter Träger finden lässt, werden andere Interessenten berücksichtigt.

Planungsprozesse und Rahmenbedingungen

Neue B-Planverfahren sollen innerhalb von drei Jahren abgeschlossen werden. Anderenfalls werden die Projekte in der Senatskommission Wohnungsbau als Fokusprojekte behandelt. Die Senatskommission Wohnungsbau unter Leitung der Regierenden Bürgermeisterin wirkt auf die Lösung von Konflikten zwischen den Fachbereichen hin.

Das Land Berlin wird die Digitalisierung vorantreiben, um die Schaffung von Baurecht und die Genehmigung von Vorhaben zu beschleunigen. Im Jahr 2024 beginnt der Testbetrieb für die digitale Bauakte. Die Bezirke werden durch entsprechende Ausstattung und Prozessoptimierung ertüchtigt. Dafür wird als Bestandteil des Bündnisses eine AG eingerichtet, um diesen Prozess voranzubringen. Berlin wird für neuere Stadtquartiere und größere Wohnungsbauprojekte Projektlotsen installieren, die eine projektorientierte und ressortübergreifende Koordinierung zwischen den Planungsstellen auf Senats- und Bezirksebene. Bei Partizipationsprozessen wird es um das „Wie“ nicht das „Ob“ gehen.

Das Land Berlin wird bei Gesetzgebungsverfahren, Verwaltungsvorschriften mit wohnungswirtschaftlichem die Auswirkungen auf Baukosten, Miethöhen, Genehmigungsdauer, Bauvolumen und Betriebskosten konkret und transparent darstellen und bei den Verfahren berücksichtigen.

Klimaschutz, Ressourcenschonung, Soziales

Das Land Berlin und die Bündnispartnerinnen und -partner streben einen nachhaltigen, zukunftsfähigen, klimaneutralen, barrierefreien bzw. -armen Neubau und perspektivisch Bestand an. Die Kriterien des Environmental Social Governance (ESG) sind zu berücksichtigen.

Bei neuen Stadtquartieren und größeren Wohnungsbauvorhaben sollen technologieoffene und zukunftsweisende Klima- und Energiekonzepte erstellt werden. Es sollen robuste und langlebige Baukonstruktionen, kreislaufgerechtes, recyclingfähiges Planen und Bauen sowie der verstärkte Einsatz klimagerechter und nachwachsender Baustoffe angestrebt werden.

Die Bündnispartnerinnen und -partner setzen sich für die Mobilisierung von Investitionen in die Sanierung/Modernisierung des Wohnungsbestands ein. Hierzu werden Handlungsstrategien für Wärmewende und Klimaneutralität in Abhängigkeit von Gebäude- und Eigentumstypen entwickelt. Das Land Berlin richtet eine Beratungsstelle zu Maßnahmen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung im Neubau und Bestand ein.

Der Fokus von nachbarschaftlichen Partizipationsverfahren wird auf Umsetzungsszenarien ausgerichtet. Das Land Berlin und die Bündnispartnerinnen und -partner werden die Leitlinien für öffentliche Beteiligungsverfahren entsprechend weiterentwickeln.

Wohnungsbauförderung und Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung

Die sich aktuell in der Finalisierung befindlichen Wohnungsbauförderungsbestimmungen 2022 (WFB) werden erste Anpassungen an die Bau- und Grundstückskostenentwicklung seit Pandemiebeginn enthalten. Gemeinsam mit den wohnungswirtschaftlichen Verbänden wird eine AG Wohnungsbauförderung eingesetzt, die bis Ende 2022 Vorschläge zur Weiterentwicklung der Neubauförderung entwerfen und diskutieren soll. Berlin wird für einen begrenzten Zeitraum die weggefallenen Fördermittel der KfW 55 teilweise kompensieren.

Das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung wird zusammen mit den Bündnispartnerinnen und -partnern fortgeschrieben und weiterentwickelt. Neben der bestehenden Quote von 30% für das untere Preissegment (1. Förderweg) wird eine 20%-Quote für mittlere Einkommensgruppen (2. Förderweg) eingeführt. Es ist kein Aufteilungsverbot für den frei finanzierten Anteil vorgesehen.

Weitere Arbeit des Bündnisses

Das Bündnis trifft sich im Dezember 2022 erneut und zieht eine erste Zwischenbilanz. Die vereinbarten Maßnahmen und Ziele werden kontinuierlich evaluiert, öffentlich kommuniziert und ggfs. nachjustiert.

Das Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen gilt nach Unterzeichnung zunächst für 5 Jahre bis zum 20.06.2027.

Das komplette Bündnispapier erhalten Sie hier zum Download in unserem Mitgliederbereich.